Vor kurzem haben wir Dr. Heiko Schell, den Geschäftsführer der Stadtwerke Wülfrath, zum Interview getroffen. Mit ihm sprachen wir darüber, weshalb das flächendeckende Netz in Kooperation mit den Stadtwerken die beste Lösung für Wülfrath sei – anstatt nur einen Flickenteppich zu versorgen.
Herr Dr. Schell, der Stadtrat hat einstimmig das Projekt eines flächendeckenden Ausbaus eines kommunalen Glasfasernetzes für Wülfrath beschlossen. Es gibt in Wülfrath bereits an verschiedenen Orten Angebote für ein – zumindest derzeit – ausreichendes Internet. Warum ist der Wunsch nach einem eigenen Glasfasernetz in der Stadt und für die Stadt so ausgeprägt?
Dr. Schell: „Es gibt viele gute Gründe, die für ein Glasfaserprojekt in dieser Form sprechen. Zunächst einmal ist die bestehende Infrastruktur, die in Wülfrath als Breitbandanschluss vermarktet wird, kein Glasfaser bis ins Haus hinein. Es ist in der Regel so, dass die Glasfaserleitung in den Verteilerkästen endet und die „letzte Meile“ bis ins Haus aus einem Kupferkabel besteht. Diese Angebote werden rein technisch in den nächsten Jahren an ihre Grenzen stoßen. Die angebotenen Bandbreiten sind aus technischen Gründen limitiert.
Zum anderen ist es so, dass diese sogenannten Breitbandangebote in erster Linie im innerstädtischen Bereich vorzufinden sind. Die etwas abseits gelegenen Gebiete wie Rohdenhaus, Flandersbach oder der Flehenberg sind schon heute teilweise weit abgehängt. Dort hat man nicht selten Bandbreiten bis maximal 50 Mbit/s oder deutlich darunter. Dort gibt es erhebliche Probleme, gut im Homeoffice zu arbeiten oder in der Familie gleichzeitig mit mehreren Endgeräten im Internet zu surfen.“
Wülfrath hat sich dazu entschlossen, die ganze Stadt auszubauen und nicht nur Lücken zu schließen. Also werden auch Gebiete angeschlossen, die nicht so stark besiedelt und somit recht kostenintensiv anzuschließen sind. Ist dieses Vorhaben finanziell tragfähig? Zumal es viele bereits erschlossene Gebiete gibt.
Dr. Schell: „Aus kommunaler Sicht halte ich das für den einzig richtigen Weg. Der Ausbau des Glasfasernetzes in den als unterversorgt geltenden Gebieten geht sonst nur über Förderprogramme. Das dauert sehr lange und führt zu einem Flickenteppich in der Stadt. Ich glaube zudem, dass in diesen Förderprogrammen eher Geld vernichtet als Geld vermehrt wird. Unser Ansatz ist es daher, dass wir auf einen Schlag wirklich alle Haushalte in Wülfrath an das Glasfasernetz anschließen können. Die so geschaffene Infrastruktur ist die Basis, dass auch zukünftig jeder Haushalt angeschlossen werden kann. Wir haben keinen Flickenteppich, schaffen eine gute Lösung in kürzester Zeit und perspektivisch erwirtschaften wir mit unserem Glasfaserprojekt für die Stadt Wülfrath auch noch Geld.“
Sie gehen als Stadtwerke eine Partnerschaft mit einem Infrastrukturunternehmen ein. Dafür wollen Sie eine eigene Gesellschaft gründen. Wie kann man sich dieses Konstrukt vorstellen?
Dr. Schell: “Die Gesellschaft, die wir gemeinsam mit unserem Infrastruktur-Partner, der Firma GREENFIBER, gründen werden, gehört zu 75% den Stadtwerken Wülfrath. Wir als Stadtwerke und somit die Stadt Wülfrath haben also in dieser Gesellschaft die Hoheit. Wir haben auch die Möglichkeit, in Zukunft das Netz insgesamt zu uns zu holen. Somit entsteht perspektivisch hier in Wülfrath ein rein kommunales Netz. Die Nutzung des Glasfasernetzes können die Stadtwerke als Infrastrukturanbieter unseren Kundinnen und Kunden anbieten. Unser Netz wird dabei explizit als Open-Access-Netzwerk ausgelegt, so dass zukünftig auch Drittanbieter wie Vodafone, 1&1 oder andere die Möglichkeit haben, ihre Internetdienste über unser Netz anzubieten. Wir als Stadtwerke Wülfrath verstehen uns in erster Linie als Infrastrukturdienstleister, daher liegt unser primärer Fokus aus der Errichtung des Netzes.“
Jetzt startet die Vermarktungsphase. Die geht bis zum 13. März 2022. Was müssen interessierte Bürgerinnen und Bürger konkret tun, um mitzumachen?
Dr. Schell: „Zunächst sollte man sich über das Projekt und das Angebot informieren. Und dann ist es relativ einfach, Teil dieses Zukunftsprojektes zu werden. Es gibt im Internet unter www.greenfiber.de/wuelfrath alle notwendigen Unterlagen zum Herunterladen. Es gibt da auch weiterführende Informationen und Antworten auf die häufigsten Fragen. Wir haben zudem seit dem 17.01. mit unserem Partner ein weiteres Kundenbüro in der Sparkasse eröffnet. [Anm.d.Red.: inzwischen geschlossen] Auch dort können sich interessierte Bürgerinnen und Bürger informieren. Dort gibt es auch alle Unterlagen, die für die Beantragung des eigenen Hausanschlusses benötigt werden. Anfang Januar werden wir an alle Haushalte ein Anschreiben in einem grünen Umschlag versenden. Darin sind neben den wichtigsten Informationen ebenfalls alle benötigten Unterlagen enthalten. Wenn man an dem Projekt teilnehmen möchte, müssen diese Unterlagen ausgefüllt und an die angegebene Adresse zurückgeschickt werden. Ansonsten stehen wir von den Stadtwerken auch gerne mit Rat und Tat zur Seite.“
Die Frage zum Schluss: Was kostet der Spaß? Wieviel muss man für einen Glasfaser-Hausanschluss in Wülfrath bezahlen?
Dr. Schell: „Das ist für viele Bürger sicherlich eine sehr spannende Frage. Wir werden allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich bis zum 13. März 2021 für einen Glasfaseranschluss entscheiden, diesen Hausanschluss kostenlos herstellen. Es kostet also nichts, wenn wir das Glasfaserkabel bis ins Haus legen. Wir bringen sogar noch etwas mit, nämlich 15 Meter Glasfaserkabel für die Inhouse-Verkabelung. Natürlich entstehen Kosten für die Nutzung des Internetzes, wie bei jedem anderen Anbieter, zu absolut marktfähigen Preisen. Die genauen Konditionen stehen ebenfalls auf der Homepage.“
Herzlichen Dank für das Gespräch!