Interview mit Dr. Henning Vieker & Wirtschaftsförderer Günter Segelhorst

Wir haben uns zum Endspurt beim Espelkamper Glasfaserprojekt mit Espelkamps Bürgermeister Dr. Henning Vieker und dem Wirtschaftsförderer Günter Segelhorst unterhalten.

Herr Dr. Vieker, zum Wochenende endet die erste Vermarktungsphase des Glasfaserprojektes in Espelkamp. Wie ist der Stand der Dinge?

Henning Vieker: „Am Freitag entscheidet es sich, ob wir gemeinsam an diesem wichtige Zukunftsprojekt weiterarbeiten können. Dann wissen wir, ob ganz Espelkamp an das Glasfasernetz angeschlossen wird, oder wir für sehr lange Zeit auf eine weitere Chance warten müssen. Ein flächendeckendes Glasfasernetz in kommunaler Hand ist unser Ziel.

Ich denke, die Menschen sind informiert, wissen von unserer Idee und finden sie gut. In den vielen Gespräche bekommen wir durchweg positive Rückmeldungen. Gerade in diesen Zeiten ist ein schnelles, stabiles und leistungsfähiges Internet wichtig. Das wissen die Espelkamperinnen und Espelkamper. Viele haben sich informiert, die Informationsveranstaltungen in nahezu jedem Ortsteil waren durchweg gut besucht. Und auch im Bürgerbüro der Stadtwerke und in der Beratungsstelle von GREENFIBER am Bahnhof war das Interesse groß. Aber jetzt kommt es drauf an. In dieser Woche müssen die vielen Anträge für einen Hausanschluss, die jetzt noch zu Hause liegen, abgegeben werden. Nur dann wird das gemeinsame Glasfasernetz Realität.

Zum Stand der Dinge kann ich sagen, dass es bisher noch nicht reicht. Daher mein Apell: Nur gemeinsam bringen wird unser Glasfaserprojekt über die Ziellinie! Es kommt auf jeden einzelnen Antrag an. Es geht jetzt darum, dass möglichst viele mitmachen, damit wir das schnelle Internet für alle bekommen. Viele für alle!“

Warum ist das Glasfasernetz für Espelkamp so wichtig? Warum sollen alle mitmachen?

Henning Vieker: „Ein dauerhaft schnelles, stabiles und sicheres Internet ein ganz wichtiges Zukunftsthema für Espelkamp. Es ist ein immer wichtiger werdender Teil der Infrastruktur, genauso wichtig wie die Grundversorgung mit Wasser, Strom und Gas. In den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren wird jeder Haushalt einen Glasfaseranschluss brauchen. Wir kennen jetzt schon viele Anwendungen, wie z.B. Internet, Fernsehen oder Telemedizin. Aber wir wissen nicht, was in Zukunft alles noch kommt. Klar ist, das benötigte Datenvolumen wird in jedem Haushalt rasant steigen. Und darauf sind wir nur mit einer Glasfaser-Infrastruktur vorbereitet. Selbst wenn es in einigen Haushalten derzeit als noch nicht so wichtig empfunden wird, müssen wir das Thema jetzt gemeinsam angehen. Wenn wir diese Chance verpassen, wird es sehr lange dauern, bis wir in Espelkamp an das Glasfasernetz angeschlossen werden. Vielleicht kommt so eine Gelegenheit gar nicht mehr. Alle Alternativen zu unserem flächendeckenden Glasfasernetz in kommunaler Hand haben große Nachteile. Diese Umsetzung wäre deutlich langsamer, kaum zukunftsfähig und vor allem nicht allen Haushalten zugängig. Das wäre Stückwerk, das viele Haushalte –ausschließen würde. Das wollen wir nicht.“

Herr Segelhorst, Sie verantworten in Espelkamp die Wirtschaftsförderung. Brauchen die Espelkamper Gewerbetreibenden das Glasfaserprojekt oder ist die Wirtschaft gut aufgestellt?

Günter Segelhorst: „Es ist das Gleiche wie bei den Privathaushalten. Wir haben bisher sehr unterschiedliche Angebote und Geschwindigkeiten. Es gibt versorgte und unterversorgte Gebiete. Die großen Betriebe und unsere Gewerbegebiete haben zumeist derzeit ausreichende Leitungen. Aber für eine starke Wirtschaft brauchen wir ein flächendeckendes Angebot. Nur so können wir auch kleinere Betriebe stärken, ihnen die Möglichkeiten geben, sich zu entwickeln. Das Internet im Zentrum mag derzeit eventuell noch ausreichend sein, zukunftsfähig ist es nicht. Gerade im Einzelhandel werden die Anforderungen an das Internet deutlich steigen. Und Fördermittel bekommen wir für diesen –als versorgt geltenden Bereich – nicht. Also geht es nur mit Glasfaser und nur gemeinsam.“

Herr Vieker, werden Sie oft auf das Thema Glasfaser angesprochen? Bewegt die Menschen dieses Vorhaben?

Henning Vieker: „Das Thema Nummer Eins ist natürlich auch in Espelkamp Corona. Darauf werde ich immer angesprochen. Die Lage ist ja auch nicht gerade leicht. In dieser Zeit merken die Menschen natürlich, wie wichtig eine stabile Versorgung mit einem schnellen Internet ist. Sowohl zu Hause als auch in der Schule und am Arbeitsplatz. Insofern hängen die Themen zusammen. Es wird deutlich, dass der Glasfaserausbau wichtig ist. Wir brauchen ihn jetzt und in Zukunft. Und wir müssen endlich wieder solche Themen in den Mittelpunkt stellen. Wir müssen die jetzt Stadt weiterentwickeln. Es gibt nicht nur Corona, es gibt auch Positives. Wie z.B. unsere Chance aufs glasfaserschnelle Internet. Für mich als Bürgermeister ist dies ein echtes Gestaltungsthema.“

Ist schnelles Internet auch ein Generationsthema? Ist jüngeren Leuten das Internet wichtiger als älteren?

Henning Vieker: „Die Interessen sind oft etwas unterschiedlich. Viele Jüngere wollen jetzt besseres und schnelleres Internet. Und manche Ältere sagen mir, dass sie mehr Internet nicht benötigen. Aber denen sage ich immer, dass ein Haus ohne Glasfasernetz in wenigen Jahren weniger wert ist. Oder anders gesagt, bedeutet ein Hausanschluss eine enorme Wertsteigerung. Selbst wenn die volle Leistung, die die Glasfaserleistungen bieten, derzeit nicht abgerufen wird. Und wenn man an die Möglichkeiten der Telemedizin denkt, bietet ein sicheres Netz gerade älteren Menschen viele neue Möglichkeiten. Insofern ist es ein generationsübergreifendes Thema für die ganze Gesellschaft.“

Nun haben wir in Espelkamp vor allem im Zentrum eine besondere Situation. Viele wohnen zur Miete z.B. bei einer Wohnungsbaugenossenschaft. Können die Mieterinnen und Mieter im Moment nur abwarten und hoffen, dass sich ihr Vermieter für Glasfaser entscheidet?

Henning Vieker: „Nein, auch auf die Mieter kommt es an. Sie sind entscheidend. Denn nur wenn sie es wollen, bekommen sie einen Glasfaseranschluss. Jeder einzelne Haushalt muss einen Antrag abgeben. Sonst wird es nichts. Die Vermieter sorgen nur für die Infrastruktur. Also, dass das Kabel im Haus liegt. Ich weiß, dass GREENFIBER und die Wohnungsbaugenossenschaften vereinbart haben, dass die Mieterinnen und Mieter diese Chance bekommen und ein Hausanschluss in jeder Wohnung möglich ist. Also auch hier meine Bitte: Geben Sie Ihren Antrag bis Freitag ab. GREENFIBER und die Stadtwerke werden sich dann sicher für die weiteren Schritte melden. Wenn wir das gemeinsam gesteckte Ziel erreichen, wäre das für ganz Espelkamp ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk.“

Derzeit läuft in Espelkamp der geförderte Ausbau. Wie ist da Stand der Dinge?

Henning Vieker: „Auftraggeber ist in diesem Fall der Kreis Minden-Lübbecke. Wir als Kommune sind aber natürlich sehr daran interessiert, dass das Projekt gut läuft. Die vor Ort geschaffene Infrastruktur ist eine wichtige Grundlage für unseren flächendeckenden Ausbau. Nach meinem Kenntnisstand sind die Erdarbeiten weitgehend abgeschlossen und etwa 50% der Haushalte bereits im Netz. Bis zum Ende des Frühjahrs soll das Projekt durch sein. Derzeit liegt GREENFIBER vor dem Zeitplan. Aber auch hier müssen wir die besondere Situation von Corona berücksichtigen. Und natürlich läuft bei einem so großen Projekt nicht immer alles glatt. Es kommt dann darauf an, wie das Unternehmen mit diesen konkreten Herausforderungen umgeht. Und da stehen wir in einem guten und engen Austausch mit den Technikern und Projektleitern.“

Zum Abschluss: Wie sieht es bei Ihnen persönlich aus? Haben Sie Ihren Hausanschluss beantragt und freuen Sie sich auf das Glasfasernetz.

Günter Segelhorst: „Ich muss mich nicht mehr auf den Glasfaseranschluss freuen, ich freue mich über meinen Glasfaseranschluss. Denn ich wohne im Fördergebiet und mein Hausanschluss ist seit einiger Zeit freigeschaltet. Das ging schnell und unkompliziert. Von meinem vorherigen Anschluss lag noch die Hausverkabelung, die ich jetzt weiter nutze. Nur endlich schnell und stabiler. Das ist schon ein riesiger Unterschied. Für mein Haus ist das Thema Internet auf sehr lange Zeit erledigt.“

Henning Vieker: „Meinen eigenen Antrag auf einen Hausanschluss habe ich gemeinsam mit vielen Kolleginnen und Kollegen aus dem Stadtrat abgegeben. Das war uns wichtig, denn die Entscheidung für dieses Projekt haben wir zuvor einstimmig gefällt. Mein Haushalt liegt in einem als versorgt geltenden Gebiet. Und tatsächlich kommen wir mit den bisherigen Leistungen einigermaßen über die Runden. Aber unsere Kinder sind noch klein. Ich weiß, dass in wenigen Jahren zu Hause deutlich mehr Geräte im Netz sein werden, die wesentlich mehr Datenvolumen benötigen. Und daher ist es ein gutes Gefühl, darauf dauerhaft vorbereitet zu sein.“

Vielen Dank für das Gespräch!