Warum Bad Berleburg glasfaserschnell werden will
Viele Bürgermeister tragen das Wappen ihrer Kommune gut sichtbar am Revers ihres Jacketts. Das signalisiert Verbundenheit mit der Stadt und verkörpert die Würde des Amtes. Bernd Fuhrmann hingegen trägt den bunten SDG-Kreis, den Kreis der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Das ist ein Statement – und drückt seine Verbundenheit mit Bad Berleburg und seinen 23 Ortschaften aus. Es ist aber auch die Einladung zum Gespräch. Und dafür nimmt sich Bad Berleburgs Bürgermeister Zeit. Denn für nachhaltiges Handeln braucht es Ideen. Und Ideen gibt es hier einige. Es geht um ein ganzheitliches Stadtkonzept. Das Credo lautet: Immer lösungsorientiert arbeiten!
Schloss Bad Berleburg, ein in Westeuropa einzigartiges Artenschutzprojekt – die Wisente; dazu noch Kneipp-Kurort und Premiumwandort, Deutschlands nachhaltigste Kleinstadt 2020, mit dem European Energy Award ausgezeichnet und außerdem Smart City; außerdem noch eine kommunale Holz-Agenda, als erste Kommune in NRW: Es sind nicht nur einzelne Alleinstellungsmerkmale, sondern das Gesamtkonzept der Stadt der Dörfer, das sie einzigartig macht. Dahinter steht die Nachhaltigkeitsstrategie 2030, die aus einem laufenden Leitbildprozess heraus entstanden ist – und Bad Berleburg mit seinen 23 Ortschaften auf ein zukunftsorientiertes Fundament stellt. Ideen, Pläne und eine neue Geschichte stehen auf der Agenda – und an der schreiben die Menschen in der Stadt der Dörfer gemeinsam.
Bad Berleburg ist in den vergangenen Jahren in drei Schritten gemeinsam vorangegangen: Als erstes sollte ein Leitbild her. Denn nur, wenn alle an einer gemeinsamen Idee arbeiten, sind sie auch bereit, den zunächst nicht ganz leichten Weg mitzugehen – „gemeinsam voran, gemeinsam stark“ lautet das Credo. Als zweites wurde die Haushaltskonsolidierung angegangen. Als dritten Schritt stellten die Verantwortlichen einen Entwicklungsplan für ganz Bad Berleburg auf die Beine. Dieser sollte als Modellregion die Dorf- und Stadtentwicklung gleichermaßen und als Einheit in den Blick nehmen – es entstand die „Stadt der Dörfer“. Daher wurden die lokalen Strukturen gefördert, das Ehrenamt gestärkt und die 23 Orte aktiv in alle Planungen eingebunden – alle Bürger:innen, Vereine, Institutionen, die Wirtschaft und nicht zuletzt die politischen Entscheidungsträger:innen. Jeder Ort ist einzigartig, jeder Ort ist lebenswert. „Über einen Ort mit einer Seele müssen Sie sich keine Sorgen machen. Diese Orte wissen, wo sie hinwollen“, so Bürgermeister Bernd Fuhrmann, der sich dessen über jede der 23 Ortschaften gewiss ist. Denn diese „Seelen“ sind gut zu erkennen – in jeder einzelnen Ortschaft. Ein eigens von Künstlerin Anke Althaus-Aderhold aus Alertshausen entworfenes Wimmelbild zeigt die Besonderheiten jedes einzelnen Ortes in der Stadt der Dörfer – und selbige in ihrer Gesamtheit.
Bernd Fuhrmann löst nun sein Versprechen an die Bad Berleburger:innen ein: den Anschluss an die Datenautobahn für alle
Der Plan für Bad Berleburg ist mit Nachhaltigkeit überschrieben. Das hat mit absoluter Überzeugung, etwas mit der Förderkulisse des Landes NRW und einiges mit der Anbindung und der Infrastruktur vor Ort zu tun. Mit Blick darauf löst Bernd Fuhrmann nun sein Versprechen an die Bad Berleburger:innen ein: den Anschluss an die Datenautobahn für alle. Bad Berleburg will als Smart City ans Glasfasernetz – lückenlos. Das ist für die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit einer Region unabdingbar. Und dafür gibt inzwischen auch in Deutschland Fördermittel. Doch mit diesen Fördermitteln ist Bad Berleburg an seine Grenzen gestoßen – denn die Vision vom lückenlosen Anschluss an die Datenautobahn ist damit bis auf Weiteres nicht möglich. Ein flächendeckendes Glasfasernetz und die damit verbundene Digitalisierung sind jedoch der Schlüssel zur nachhaltigen Entwicklung.
Die Lösung: Das mittelständische, inhabergeführte Infrastrukturunternehmen GREENFIBER hatte die Ausschreibung des Kreises Siegen-Wittgenstein für den Ausbau der unterversorgten Gebiete gewonnen. Die durch Landes- und Bundesmittel finanzierte Infrastruktur galt es zu nutzen. Stadt und GREENFIBER entwickelten zusammen eine Strategie, die hervorragend ins große Konzept Bad Berleburgs passt: Dorf und Stadt zusammen denken, nachhaltig handeln und alle mitnehmen. Eine gemeinsame Gesellschaft aus Stadtwerken und Infrastrukturunternehmen soll ein eigenes, flächendeckendes Glasfasernetz errichten und später barrierefrei betreiben. Alles aus einer Hand. Dabei ist die Stadt Bad Berleburg respektive die Stadtwerke Bad Berleburg Mehrheitseignerin. Das Netz bleibt dauerhaft in kommunaler Trägerschaft und wird so Teil der Grundversorgung, wie Strom oder Wasser. Auch die Einnahmen aus der Nutzung des Glasfasernetzes bleiben in der Stadt.
„Gemeinsam voran, gemeinsam stark!“
Das Glasfaserprojekt nahm von Beginn an Fahrt auf: einstimmiger Ratsbeschluss, ein Name für die gemeinsame Gesellschaft. Das ist weder selbstverständlich noch überraschend, sondern das Ergebnis von Vertrauen und guter Überzeugungsarbeit – „gemeinsam voran, gemeinsam stark“! Zwei Wochen später war das Beratungsbüro des Glasfaserprojektes im Sparkassengebäude in Bad Berleburg gemietet.
Gemeinsam haben die Partner einen ehrgeizigen Zeitplan entwickelt. Binnen drei Monaten müssen sich mindestens 30 Prozent aller Bad Berleburger Haushalte für einen eigenen Glasfaseranschluss entscheiden – gewinnbringend für alle Beteiligten, denn dann kann das Projekt in die Umsetzung gehen. Die Hürde ist keineswegs zufällig gewählt. Denn die gemeinsame Gesellschaft soll wirtschaftlich tragfähig sein. Und sie soll ohne Fördermittel auskommen. Als „Bürgermeister vor Ort“ hat Bernd Fuhrmann die „Dörfertour der Zukunft“ ins Leben gerufen – von Januar bis Anfang März und in allen 23 Ortschaften. Er informiert über seine Herzensangelegenheit, über sein Versprechen an alle Menschen aus Bad Berleburg: ein Glasfasernetz für Alle. Das kommt gut an. Bei den Veranstaltungen mit dabei sind auch alle Ortsvorsteher:innen - von Alertshausen bis Wunderthausen.
Die Stadt hat sich einen Leitspruch gegeben: „Wildnis. Wirtschaft. Wagemut“. Vor allem „Wagemut“ fällt auf. Aber auf Wagemut kam und kommt es in Bad Berleburg an. Und auf Ideen. Davon gibt es in Bad Berleburg einige!
Über das flächendeckende Glasfasernetz
Das Glasfasernetz ist nicht Selbstzweck, betont Bürgermeister Bernd Fuhrmann. „Unser Konzept heißt Nachhaltigkeit, das ist das Dach. Glasfaser ist die Umsetzung.“ Daher laufen auch schon längst die Überlegungen, welche Anwendung das glasfaserschnelle Netz möglich macht. DIGITALUM Wittgenstein heißt ein wichtiger Baustein dieser Überlegungen. Die neu gegründete gGmbH hat die Aufgabe, als Zukunftswerkstatt digitale Anwendungen für Wittgenstein und die Region zu entwickeln. Natürlich dezentral. Auch ein Bus voller Möglichkeiten soll die Menschen vor Ort für die schöne, neue Welt begeistern. Das Smart-Cities-Projekt, bei dem Bad Berleburg als eine von fünf Pilotkommunen in Südwestfalen dabei ist, ist der andere Baustein.